Zeitenwende in Nahost? Roundtable-Diskussion in München
Die aktuelle Lage im Nahen Osten bietet ein umfassendes Potential zu einer Neuordnung. Doch ob die fragile Waffenruhe und die geopolitischen Verschiebungen langfristig Frieden bringen, bleibt ungewiss. Experten für internationale Politik analysierten und diskutierten dazu im Münchner Verbindungsbüro.
Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz fand eine beachtenswerte Veranstaltung zur internationalen Lage unter der neuen US-Administration und der neuen EU-Kommission statt. Eingeladen hatten das Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in München, das Deutsche Orient-Institut sowie die Hanns-Seidel-Stiftung, Büro Washington. Im Mittelpunkt der Diskussion standen aktuelle Entwicklungen im Nahen Osten sowie deren geopolitische Implikationen.
Experten aus Politik und Wissenschaft analysierten die Herausforderungen der Region und skizzierten mögliche Zukunftsperspektiven unter der Moderation von BR-Redaktonsleiterin "Ausland" Dr. Susanne Glass (ARD-Chefkorrespondentin in Tel Aviv 2016-2021).
Die zentralen Positionen der Panelisten
Andreas Reinicke, Direktor des Deutschen Orient-Instituts und ehemaliger EU-Sonderbeauftragter für den Nahen Osten, betonte die grundlegende Spaltung der Region: „Der Grundkonflikt im Nahen und Mittleren Osten ist die Auseinandersetzung zwischen Modernisierern und Islamisten. Es muss deutsches Interesse sein, die Modernisierer zu stärken, pragmatische Wirtschaftsbeziehungen in der Region aufzubauen und das Existenzrecht Israels zu sichern.“
Simone Rodan-Benzaquen, Managing Director des American Jewish Committee (AJC) Europe, hob die veränderte Sicherheitslage nach den Hamas-Terroranschlägen vom 7. Oktober 2023 hervor: „Die israelische Gesellschaft ist nach den Anschlägen traumatisiert. Die Unterstützung durch die Trump-Administration wirkt wie ein Sicherheitsnetz. Der Trump-Plan für Gaza setzt die arabischen Staaten unter Druck und zwingt dazu, neue Wege im Konfliktmanagement zu gehen.“
Yasmin Shabani, Vize-Präsidentin der Deutsch-Jordanischen Gesellschaft e. V., warnte vor den Folgen einer weiteren Destabilisierung Jordaniens: „Jordanien ist überlastet. Eine Umsiedlung von Palästinensern würde die Radikalisierung der Straße verstärken. Die Region braucht eine Perspektive – und dazu muss auch eine Zwei-Staaten-Lösung gehören.“
Younes Bahram, Präsident des Kurdisch-Deutschen Forums in Berlin, wies auf die schwierige Lage der Kurden hin:
„Die Kurden kämpfen gegen den Islamischen Staat. Sie fühlen sich von Europa und Amerika im Stich gelassen.“
Den Abschluss der intensiven Diskussion bildete das Resümee von Elmar Brok, dem ehemals langjährigen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, der die Dringlichkeit nachhaltiger und diplomatischer Lösungen betonte.
Die Veranstaltung unterstrich eindrucksvoll die Vielschichtigkeit der geopolitischen Herausforderungen und die Notwendigkeit einer abgestimmten transatlantischen Strategie für Frieden und Stabilität in der Region.